Rundfunkbeitrag nicht verfassungsgemäß

 – trotz Koblenz und München –

Die Verfassungsgerichtshöfe von Rheinland-Pfalz und Bayern haben am 13. und 15.05.2014 Entscheidungen in Popularverfassungsbeschwerde-Verfahren zum Rundfunkbeitrag gefällt (vgl. Entscheidungsausdruck des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs – E. v. 15.05.2014: Vf. 8-VII-12, Vf. 24 VII-12 – auf www.bayern.verfassungsgerichtshof.de; Entscheidungsausdruck des Rheinland-Pfälzischen Verfassungsgerichtshofs vom 13.05.2014 – U. v. 13.05.2014 – VGH B 35/12 – auf www.mjv.rlp.de.

 

Mit Spannung erwartet, sind beide Entscheidungen enttäuschend für diejenigen, die sich spätestens seit dem 01.01.2013 mit Fragen des Rundfunkbeitrages beschäftigen:

 

Das Verfahren in Rheinland-Pfalz, das den Rundfunkbeitrag für Betriebe als verfassungsgemäß ansieht, beschränkt seine Grundaussagen im Wesentlichen auf die Ausführungen, die im Gutachten des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Paul Kirchhof vom April 2010 zur Begründung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages ausgeführt wurden.

 

Auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof, der sowohl den Haushaltsbeitrag als auch den betrieblichen Rundfunkbeitrag zu prüfen hatte, bietet für die zuvor in zahlreichen Aufsätzen und auch in den Verfassungsbeschwerden aufgeworfenen Fragen kaum Antworten, die kritische Juristen oder Laien befriedigen könnten. Insbesondere geht der Bayerische Verfassungsgerichtshof, ohne hierzu eigene Feststellungen zu treffen oder zumindest Plausibilitätsprüfungen vorzunehmen, unterm Strich davon aus, dass die von dem gemeinsamen Gesetzgeber, den Bundesländern, angenommenen Typisierungen und Pauschalisierungen für den Rundfunkbeitrag verfassungsgemäß seien. Auch für den Anknüpfungspunkt „Wohnung“ werden unter Hinweis auf das Gutachten Kirchhof keine Bedenken formuliert.

 

Zur Höhe des Rundfunkbeitrages wird im Wesentlichen festgestellt, dass diese sich gar nicht geändert habe und deswegen auch verhältnismäßig sei. Es ist offensichtlich, dass dies nicht zutreffend ist, da ja zuvor 17,98 € für eine Leistung mit einer Gebühr abgegolten wurden und nun der gleiche Betrag für eine bloße „Leistungsmöglichkeit“ entrichtet werden soll. Für die ca. 20 %, die zuvor keine Rundfunkgebühren zahlen mussten, weil sie kein Rundfunkgerät hatten und auch weder Rundfunk oder Fernsehen nutzen wollten, ergibt sich eine Erhöhung um den gesamten Betrag von 17,98 €. Und auch für diejenigen, die zuvor „nur“ die Gebühr für einen rundfunkfähigen PC oder ein Radio bezahlt haben, ergibt sich eine Verdreifachung des zuvor gezahlten Betrages von 5,76 €.

 

Die Popularverfassungsbeschwerden haben insoweit und auch für die aufgeworfenen Datenschutzprobleme nichts Neues erbracht. Die Instanzgerichte werden nunmehr weiterhin die Einzelfälle auswerten und untersuchen müssen. Das betrifft sowohl die Grundsatzfragen ob z.B ein Beitrag an den Merkmalen Wohnung und Betrieb anknüpfen kann, als auch die einzelnen Ausnahmen und Härten. Für diejenigen, die der Auffassung sind, dass der Beitrag nur verfassungsgemäß sein kann, wenn demjenigen, der keinen Rundfunk oder nur den Hörfunk wahrnehmen will, auch das Recht eingeräumt wird, nichts oder nur für den Hörfunk zu zahlen, wird ebenfalls der Weg durch die Instanzen notwendig sein, um ggf. später beim Bundesverfassungsgericht oder vor dem Europäischen Gerichtshof auf der Basis der zuvor ergehenden verwaltungsgerichtlichen Einzelentscheidungen eine erneute, auf fundierterem Sachmaterial beruhende Prüfung der Verfassungsgemäßheit bzw. der Europarechtskonformität erhalten zu können.

 

Alle Gründe, die im Beitrag auf dieser website vom Dezember 2012 bereits benannt wurden, bleiben somit (leider) aktuell.

 

Martina Zünkler

25.07.2014

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